Immunthrombozytopenie
ITP (Immunthrombozytopenie )
ITP (Immunthrombozytopenie )
Immunthrombozytopenie ist eine Autoimmunerkrankung (kein Blutkrebs!), bei der es zu einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten) im Blut kommt. Immunthrombozytopenie ist auch unter dem Begriff Morbus Werlhof bekannt. Die Abkürzung ITP stammt von „idiopathische thrombopenische Purpura“. Idiopathisch bedeutet „aus unklarer Ursache“. Purpura sind kleine Blutungen in der Haut oder den Schleimhäuten.
Das Blut besteht aus vielen verschiedenen Zellarten, darunter Thrombozyten. Das sind kleine Zellen, die eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung spielen. Wird ein Blutgefäß verletzt, verkleben diese Zellen miteinander und bilden einen Pfropf, der die Wände des Blutgefäßes abdichtet. Die Wunde hört auf zu bluten und es können auch keine Keime in den Körper eindringen.
Thrombozyten werden im Knochenmark gebildet und gelangen in den Blutkreislauf, sobald sie fertig ausgereift sind. Nach etwa sieben Tagen werden sie von der Milz oder Leber auf natürlichem Wege wieder abgebaut.
Bei Menschen mit ITP stuft das Immunsystem diese gesunden Blutplättchen fälschlicherweise als krank ein und bildet Proteine, sogenannte Antikörper. Diese Antikörper greifen die Thrombozyten an und verhindern, dass sie ihre Aufgabe erfüllen können und entfernen sie schneller aus dem Körper als üblicherweise. Die Antikörper beeinflussen auch jene Zellen, welche neue Thrombozyten bilden. Dadurch werden weniger Thrombozyten produziert.
Dieses Ungleichgewicht aus beschleunigtem Abbau von Blutplättchen auf der einen und mangelnder Neubildung auf der anderen Seite bringt das System aus dem Gleichgewicht – eine erhöhte Blutungsneigung ist die Folge.
Es gibt zwei Formen einer ITP:
Eine ITP wird der Gruppe der seltenen Erkrankungen zugeordnet. Im Schnitt erkrankt etwa 1 von 25.000 Personen pro Jahr. Kinder und Erwachsene sind gleich häufig betroffen. Bei Kindern wird die Erkrankung selten chronisch und heilt nach einiger Zeit von alleine wieder aus. Erwachsene hingegen müssen mit dieser Blutkrankheit allerdings meist leben lernen.
Für die Ursache einer ITP hat man bis dato noch keine Erklärung gefunden. Was man aber weiß ist, dass der Auslöser ein Irrtum unseres Immunsystems ist: Fehlerhaft gebildete „Autoantikörper“ binden die an Thrombozyten und bewirken ihre Zerstörung. Doch warum sich das Immunsystem bei manchen Menschen gegen die körpereigenen Thrombozyten richtet und bei anderen nicht, ist ebenfalls noch ungeklärt.
ITP ist nicht angeboren, sondern kann im Laufe des Lebens unerwartet auftreten. Sie wird somit auch nicht von den Eltern an die Kinder weitergegeben.
ITP-Patienten haben eine erhöhte Blutungsneigung aufgrund des Thrombozytenmangels. Sie leiden häufig unter einer Leistungsminderung, die sich durch starke Müdigkeit und Erschöpfung zeigt. Durch die zu niedrige Thrombozytenzahl treten auch Symptome wie Blutergüsse, Purpura (eine Art gesprenkelter Ausschlag), Nasenbluten und Zahnfleischbluten auf. Auch können eventuell bei Schnitten oder Verletzungen Blutungen nicht mehr gestoppt werden.
Hier ein Überblick über mögliche Symptome einer ITP:
Allgemeinbefinden:
Haut:
Blut:
Erhöhte Blutungsneigung: ungewöhnlich lange Blutungen schon bei kleinen Verletzungen
Es gibt zwei Verlaufsformen einer ITP-Erkrankung:
Die akute Verlaufsform tritt plötzlich auf und verschwindet nach kurzer Zeit wieder von selbst.
Die Ursache dafür ist meistens eine Viruserkrankung. Im Kindesalter verlaufen 80 bis 90 Prozent aller ITP-Erkrankungen akut.1
Die chronische Verlaufsform kann mehrere Monate bis Jahre, manchmal sogar lebenslang andauern. Vermutlich ist eine Störung körpereigener Immunzellen (B- und T-Zellen) der Auslöser.
Patienten kommen meist aufgrund häufiger Blutungen zum Arzt. Bei Patienten ohne Beschwerden wird der Thrombozytenmangel meist durch Zufall im Rahmen einer Blutuntersuchung entdeckt.
Man spricht von ITP, wenn die Thrombozytenzahl wiederholt < 100.000/μl liegt.1 Das ist 3-mal niedriger als der Normalwert.
Die Diagnose ITP ist eine Ausschlussdiagnose. Das bedeutet, es gibt keine Diagnosemethode, die eine ITP beweisen kann. Man versucht daher im Rahmen unterschiedlicher Untersuchungen und Tests herauszufinden, ob eine andere Erkrankung Ursache für den Thrombozytenmangel ist. Werden alle anderen Optionen ausgeschlossen, kann die Diagnose ITP gestellt werden.
Nachfolgend sind die wichtigsten Untersuchungen beschrieben:
Wie bei jeder Diagnosefindung werden im Rahmen einer ausführlichen Anamnese (Arzt-Patienten-Gespräch) die Symptome wie Blutungsereignisse besprochen. Außerdem wird geklärt, ob schon einmal eine Thrombose beim Betroffenen selbst oder in der Familie aufgetreten ist. Weiters wird nach Infektionen gefragt, welche Medikamente eingenommen werden (speziell gerinnungshemmende Wirkstoffe) etc.
Nach der Anamnese folgt eine körperliche Untersuchung, bei der zum Beispiel auf Hauteinblutungen geachtet und ertastet wird, ob die Milz, Leber oder Lymphknoten vergrößert sind.
Ein sogenanntes großes Blutbild (Differentialblutbild) gibt Aufschluss, ob ein Mangel an Thrombozyten im Blut vorliegt. Ist das der Fall, wird zusätzlich ein „Blutausstrich“ gemacht. Dabei wird im Labor ein Tropfen Blut auf ein Glasplättchen (Objektträger) aufgebracht, dünn ausgestrichen und eingefärbt. Das macht es möglich, die Blutzellen unter dem Mikroskop zu analysieren und zu zählen.
Bei dieser Untersuchung wird der Fibrinogenwert bestimmt, der ein Marker für die Gerinnungsfähigkeit des Blutes ist.
Eine Untersuchung des Knochenmarks wird nur dann vorgenommen, wenn die Befunde atypisch oder Patienten älter als 60 Jahre sind, schlecht auf die Behandlung ansprechen oder zu Rückfällen neigen.
Wie behandelt wird, ist im Wesentlichen abhängig von Schwere und Dauer der Blutungsneigung (laut WHO-Einteilung: Blutungsgrad von 0 = keine Blutungen bis IV = lebensbedrohliche Blutungen), von der Thrombozytenzahl, vom Krankheitsstadium sowie vom Krankheitsverlauf.
Bei keinen oder nur leichten Blutungen ist oftmals auch gar keine Therapie nötig.
Für die Behandlung stehen unterschiedliche Medikamente bzw. Wirkstoffe zur Verfügung, deren Ziel es ist, schwere und lebensbedrohliche Blutungen zu verhindern und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Dabei kommen unterschiedliche Behandlungsstrategien oftmals auch parallel zur Anwendung:
Durch Gabe von Thrombopoetin-Rezeptor-Agonisten (TPO-RA) kann die Neubildung von Thrombozyten im Knochenmark gefördert werden.
Mit ITP kann man in der Regel gut und einen weitgehend normalen Alltag leben. Für eine möglichst hohe Lebensqualität sollte man zum einen die ärztlichen Empfehlungen und die verordnete Therapie konsequent einhalten. Zum anderen kann ein gesunder Lebensstil wesentlich zum Wohlbefinden trotz Krankheit beitragen.
Dazu gehört eine gesunde, leicht verdauliche und energie- sowie eisenreiche Ernährung. Geeignete Sportarten sind unter anderem Wandern, Joggen, Fahrradfahren, Schwimmen, Tennis, Golf und Tanzen. Sportarten mit hohem Verletzungs- und Infektionsrisiko sind bei mittelstarker oder hoher Blutungsneigung nicht geeignet.
Einer beruflichen Karriere steht nichts im Weg, solange die Tätigkeit kein erhöhtes Verletzungs- und Infektionsrisiko mit sich bringt.
Starke physische und psychische Belastungen sollten vermieden werden. Bei einer gesundheitlichen Verschlechterung sind die Einhaltung längerer Pausen und mitunter auch Rehabilitationsmaßnahmen empfohlen. Es kann zudem eine Erwerbsminderungsrente angedacht werden.
Reisen können in Absprache mit dem Arzt und mit guter Vorbereitung problemlos unternommen werden. Dazu zählt, einen ausreichenden Vorrat an Medikamenten mit in den Urlaub zu nehmen, eine Reiseversicherung abzuschließen und auf eine adäquate Versorgung im Notfall sowie auf ausreichende hygienische und medizinische Standards am Urlaubsort zu achten. Aufgrund des erhöhten Infektionsrisikos ist je nach Reiseziel eine Impfung empfohlen.
Auch eine Schwangerschaft ist möglich, da ITP nicht erblich ist.